Familienzeit trotz Schichtdienst, Wochenenddiensten und Weiterbildungen – wie wir Nähe neu definieren

Wenn Papa nicht immer da ist – aber trotzdem ganz nah bleibt.

Ich bin Thomas, 37 Jahre alt, Offizier bei der Bundeswehr und Kompaniechef einer Grundausbildungseinheit. Mein Alltag ist geprägt von Verantwortung, Struktur, Wochenenddiensten, Tagungen und Weiterbildungen – ein Beruf, der selten eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit zulässt. Meine Frau Bea ist ebenfalls Soldatin, arbeitet in Teilzeit und absolviert parallel ein Fernstudium über die Bundeswehr. Sie jongliert nicht nur zwischen Ausbildung und Dienst, sondern auch zwischen Hausaufgabenbetreuung, Kinderfrühstück und Studienmodulen.

Wir leben als Patchwork-Familie mit drei Kindern im Alter von neun, acht und vier Jahren. Die beiden Großen haben denselben Vater, unser Jüngster einen anderen – beide Väter sind Teil ihres Lebens, was regelmäßige Wechsel, Absprachen und zusätzliche Koordination notwendig macht. Und genau deshalb reden wir über dieses Thema.

Unsere Lebensrealität ist herausfordernd – mit geteilten Wochenenden, Dienstreisen, digitalen Vorlesungen und einem konstant rotierenden Kalender. Es ist nicht immer möglich, jeden Nachmittag gemeinsam am Tisch zu sitzen oder an jedem Sonntag einen Familienausflug zu machen. Aber genau deshalb ist es uns so wichtig, Verbindung und echte Nähe bewusst zu leben, wann immer es geht.

Denn in diesem Chaos liegt auch unsere Chance: Wenn man genau hinsieht, sich gut organisiert, offen spricht – und sich vor allem emotional nah bleibt. Auch dann, wenn einer nicht da ist.


Wusstest du schon, dass Familienzeit nicht immer dann stattfindet, wenn alle Zeit haben?

In unserem Alltag gibt es keine klassischen "Familienwochenenden". Oft sind es die Tage dazwischen, an denen Lücken entstehen: Ein Abend zwischen zwei Diensten. Ein gemeinsames Frühstück unter der Woche. Eine spontane halbe Stunde auf dem Trampolin.

Wir haben gelernt, Zeit nicht nach Uhr, sondern nach Qualität zu messen. Ob 15 Minuten oder 2 Stunden – wenn wir sie bewusst gestalten, zählen sie doppelt.


Unsere 5 besten Wege, wie wir Familienzeit trotz Schichtdienst leben:

1. Mini-Rituale statt feste Zeiten

Jeden Abend ein Kuss mit Blickkontakt. Morgens ein Witz zum Start. Kleine Rituale, die Halt geben, auch wenn sich die Abläufe ständig ändern.

Morgens, wenn ich früh aufstehe, bereite ich die Brotbüchsen für die Kinder und oft auch das Frühstück für Bea vor. Wenn die Mädels aufstehen, kommen sie direkt in die Küche, wo ich sie auf Augenhöhe empfange – buchstäblich: Ich gehe auf ein Knie, nehme sie in den Arm und gebe ihnen damit einen sanften, liebevollen Start in den Tag. Manchmal kommen sie erst nach dem Gang zur Toilette zurück, um sich ihre Kuscheleinheit abzuholen. Wenn sie noch schlafen, verabschiede ich mich oft mit einem Kuss auf die Stirn und mache die Rollläden hoch, um sie sanft zu wecken.

2. Videobotschaften und Zettel mit Herz

Wenn ich unterwegs bin, nutzen wir kurze Videobotschaften oder Sprachnachrichten. Besonders beliebt sind kleine Zettelchen in den Brotdosen – mit Nachrichten wie „Ich hab dich lieb“ oder einem liebevollen Insider-Spitznamen: „Naschkatze“, „kleines Fressmonster“ oder „Fressraupe“. Jeder hat ein persönliches Symbol: Charlotte die Krone, Rosalie die Blume, Janko der Brocken – gezeichnet auf dem Zettel wissen die Kinder sofort, wer gemeint ist.

3. Quality-Time bewusst freihalten

Bei uns gibt es natürlich auch To-do-Listen – und meistens ziemlich viele davon. Bea und ich arbeiten beide, organisieren unseren Alltag, koordinieren Termine. Trotzdem versuchen wir bewusst, immer wieder Tage einzuplanen, an denen keine Liste geschrieben wird. Diese Tage sind bisher noch unregelmäßig, aber wenn sie stattfinden, tun sie uns allen unglaublich gut. Kein Programm, kein „heute machen wir…“, sondern einfach in den Tag hineinleben. Jeder darf selbst entscheiden, was er frühstückt oder worauf er Lust hat. Auch wenn wir nicht immer dieselben Wünsche haben – bisher haben wir noch immer etwas gefunden, das uns verbindet.

4. Gegenseitiges Verständnis als Basis

Wir sprechen offen über Termine, Anspannung und Sehnsüchte. Vor allem Bea fragt regelmäßig die Kinder: „Wie fühlst du dich?“ Wir ermuntern sie, ihr Gefühl zu beschreiben, zu benennen, ihm auf die Spur zu kommen. Wir fragen nach: Wann ist dieses Gefühl entstanden? Gab es einen Auslöser? Seit wann fühlst du das? Hattest du einen Traum, der dich beschäftigt hat?

Diese Gespräche führen wir nicht nur, wenn es Konflikte gibt. Sie gehören zu unserem Alltag – abends am Tisch, beim Kuscheln oder ganz nebenbei. Was war heute schön? Was hat dir gutgetan? Wer war besonders lieb in der Schule – und warum? Gab es etwas, das dich geärgert hat? Wir wollen, dass unsere Kinder lernen, ihre Gefühle zu erkennen, einzuordnen und auszudrücken. Weil wir glauben, dass das eine der wichtigsten Fähigkeiten für ein starkes, selbstbewusstes Leben ist.

5. Zeit flexibel denken – Filmabend mal anders

Klassische Rituale wie Filmabende müssen nicht immer abends stattfinden. Manchmal – wenn der Alltag voll ist oder wenn ein Kind kränkelt – verlegen wir den Filmnachmittag spontan auf einen Wochentag. Direkt nach der Arbeit, gegen 17 Uhr, gemeinsam auf die Couch, mit einem Abendbrot auf dem Schoß. Danach ist noch genug Zeit zum Runterkommen – bis alle gegen 20 Uhr im Bett sind.

Oder wir starten einfach mal samstags nach dem Frühstück in einen entspannten Filmvormittag, gerade wenn es draußen regnet oder wir merken, dass wir alle etwas Ruhe brauchen. Diese kleinen Verschiebungen bringen Entspannung, nehmen Druck raus – und machen gemeinsame Zeit leichter möglich.


Warum wir keine perfekte Balance brauchen, sondern echte Verbindung

Familienzeit ist kein festes Zeitfenster. Sie ist ein Gefühl. Und dieses Gefühl entsteht, wenn man sich gesehen, gehört und gemeint fühlt – egal, wann oder wie lang.

Wir müssen uns nicht wie andere organisieren. Wir dürfen unser eigenes System finden. Unser eigener Takt. Unser Glücksrhythmus.


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FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Familienzeit mit unregelmäßigen Arbeitszeiten

Wie gelingt Familienzeit trotz Schichtdienst oder Wochenenddienst?
Durch bewusste Mini-Rituale, offene Kommunikation und flexible Qualitätszeit – auch wenn sie nur kurz ist.

Wie können Kinder mit Abwesenheit eines Elternteils besser umgehen?
Mit festen Zeichen wie Kuscheleinheiten, Sprachnachrichten oder liebevollen Zetteln. Wichtig ist das Gefühl: „Ich werde gesehen.“

Wie plant man Familienzeit, wenn man kaum planbare Zeiten hat?
Gar nicht. Statt Plan: Bereitschaft, den Moment zu nutzen. Spontane Filmabende, flexible Frühstückszeit, gemeinsames Kuscheln, wenn es sich ergibt.

Was hilft gegen das schlechte Gewissen, nicht immer da zu sein?
Ehrliche Gespräche. Und die Gewissheit, dass Qualität oft wichtiger ist als Quantität. Präsenz zählt mehr als ständige Anwesenheit.

Wie lernen Kinder, ihre Gefühle besser auszudrücken?
Indem wir sie regelmäßig fragen, wie es ihnen geht, und sie darin bestärken, ihre Gefühle zu benennen, zu erklären und zu verstehen. Das geht nicht von heute auf morgen, aber mit der Zeit wird es zu einem natürlichen Teil des Alltags.

Was sind einfache Rituale, die Verbindung schaffen?
Ein Kuss mit Blickkontakt, kleine Zettel mit Symbolen, persönliche Spitznamen, gemeinsames Kochen oder Trampolinspringen im Garten.


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